Weihnachten ohne Mutter

Der Brief einer Mutter an ihre erwachsenen Kinder

Liebe Kinder,

dieses Weihnachten werdet ihr ohne mich verbringen müssen, denn ich werde über die Feiertage verreisen. Ich weiß noch nicht genau wohin, aber ich möchte dieses Christfest einmal auf andere Weise feiern.

Vater konnte ich nicht überzeugen, mich zu begleiten, ihr könnt aber ruhig nach Hause kommen. Da die Feiertage schon seit so vielen Jahren nach festen Ritualen ablaufen, werdet ihr es auch ohne mich schaffen.

Zwar habe ich wie sonst ein paar kleine Vorbereitungen getroffen, aber unter euch sind ja perfekte Hausfrauen, die mir so oft gut gemeinte Ratschläge geben konnten. Die Gästebetten könnt ihr bei Schmidts nebenan und bei Hansens ein Stück die Straße runter leihen.

Ich wollte euch das Festmahl nicht vorschreiben, deshalb habe ich nicht eingekauft. Die Menge für zwölf Personen errechnet ihr ganz einfach, indem ihr den Viertagebedarf eurer Familien zusammenrechnet. Mit meinem kleinen Wagen musste ich ein paar Mal fahren, aber ihr habt alle so schöne, große Limousinen.

Wenn ihr zusammen fahrt, ist es auch mit den schweren Getränkekisten bequemer. Vielleicht solltet ihr auswärts essen, das Spülen der Geschirrberge hält immer so auf. Ansonsten benutzt ruhig mein gutes Geschirr. Ich habe jetzt eines mit Nachkaufgarantie, es macht also nichts, wenn die Kinder etwas zerschlagen. Die Preisliste liegt in der Schrankschublade, legt einfach das Geld dazu, ich vervollständige dann später das Service.

Eines macht mir allerdings Sorgen: Wer wird den Schlichter bei euren Diskussionen machen, wenn ich nicht da bin? Ihr wisst ja, dass Vater sich lieber `raus hält, weil seine Nerven zu empfindlich sind. Am besten, ihr bleibt alle ein bisschen gelassener, auch bei Erziehungsfragen. Jeder macht schließlich bei der Aufzucht des Nachwuchses Fehler, ich habe mir da auch einiges vorzuwerfen. Aber glaubt mir, es ist nie zu spät, mit dem Umerziehen anzufangen!



Übrigens finanziere ich mit dem Geld, das ich sonst für eure Geschenke verwandt habe, dieses Jahr meine Reise. Löst doch die Gutscheine, die ihr für mich gekauft habt ein und kauft euch selbst eine Kleinigkeit.

Es grüßt euch eure Mutter.

...ach ja, ich wünsche euch ein frohes Fest liebe Kinder

Quellen: Der Nickolaus kommt (Heimatverein alt Köln)
Foto: unter dem Weihnachtsbaum / © Albert Ackermann